2019 hat die Wurzener Stadtkirche St. Wenceslai neue Glocken erhalten. Die Freude auf die Glockenweihe und das erste Läuten war bei der evangelisch-lutherischen Kirchgemeinde groß, je näher die Ereignisse rückten.
Doch weshalb mußten denn neue Glocken gegossen werden, die alten hörte man doch noch gut? Dies stimmte nur zum Teil, denn wir hörten nur noch zwei Glocken zu den Gottesdiensten läuten. Die mittlere große Glocke ist gerissen. Aber alle drei Glocken rosten von innen und von außen. Zu allem Übel hielt auch der stählerne Glockenstuhl den dynamischen Beanspruchungen durch die schwingenden Glocken nicht mehr stand.
Die mittlere Glocke aus Gusseisen von 1918 Foto: K. Just
Der Glockenschlag von einem Kirchturm gehört zu unserer Heimat, wenn er ausbliebe, würde sicher vielen etwas fehlen, auch wenn man nicht zum Gottesdienst geht oder der Kirche fernsteht. Deshalb bittet der Förderverein zur Erhaltung der Wurze-ner Stadtkirche St. Wenceslai e. V. weiterhin um Spenden für das neue Geläut der Wenceslaikirche.
Der Verein bestätigt Ihre Spende natürlich gern mit einer Spendenquittung, auch für kleinere Beträge. Jeder Euro ist willkommen und wichtig!
Glockenklang – die Wurzener Bürger, egal ob Christ oder Nichtchrist, empfinden das vertraute Läuten von Glocken als einen Wohlklang, als romantisch und auch besinnlich. In einer Welt voller Lärm durch Verkehr, Arbeit und Radios übertönt das Läuten der Glocken einer Kirche diesen Krach durch Harmonie und Schönheit. Das Glockenläuten begleitet uns Menschen durch die Zeiten und durch unser Leben. Die Glocken verkündeten und verkünden Freude, Trauer und Leid, Not, Gefahr und Dank und schließlich auch den Stundenschlag des Tages.
Lassen Sie uns einen kleinen Blick in die Geschichte der Glocken unserer Wenceslaikirche werfen.
Bereits um 1500 ist von drei Glocken in St. Wenceslai die Rede. In der Wurzener Kreuz- und Marter Woche 1637, während des Dreißigjährigen Krieges, wurden nicht nur die Kirche, sondern auch diese ersten Glocken zerstört. Schon 1673, mit der Einweihung des wiederaufgebauten Gotteshauses erklingt die erste, neue Glocke. Die beiden anderen Glocken kommen 1678 hinzu. 1812 zersprang die große Glocke und musste vom Glockengießer Berger aus Leipzig neu gegossen werden.
1911 erhielt das Glockengeläut nicht nur ein Uhrwerk, sondern auch eine elektrische Läuteanlage. Bis dahin wurden fünf kräftige Männer benötigt, die das Dreiergeläut in Schwingung versetzten. Damit fiel im Übrigen die Stelle des (städtischen) Türmers weg.
Der Erste Weltkrieg forderte in Wurzen neben viel zu vielen Menschen auch materielle Opfer. Die Reichsregierung erließ 1917 eine Anordnung, nach der Bronzeglocken beschlagnahmt, enteignet oder freiwillig abzugeben seien. So wurden die drei Glocken am 27.und 28. Juni 1917 herabgelassen und auf dem Gießereigelände der Firma Klinkhardt eingelagert. Eingeschmolzen wurden dann nur zwei der mittelalterlichen Glocken. Allein die mittlere Glocke entging diesem Schicksal, weil sie nur einen „mäßigen Kunstwert“ hatte. Sie wurde in Wurzen eingelagert. Die Wenceslaikirche hatte ihre Glocken für Kaiser und Vaterland verloren. Es wurde still um die Kirche. Doch 1918 erbot sich ein zunächst unbekannter Stifter, drei Ersatzglocken aus Gussstahl herstellen zu lassen. Dieses Angebot wurde dankbar angenommen. Nach dem Guss der Glocken in Apolda und der Prüfung durch den Musiksachverständigen, kamen die drei Glocken per Bahn in Wurzen an, wurden auf bereitgestellte Wagen umgeladen und geschmückt mit Eichenlaub, Tannengrün und Rosengirlanden, zur St. Wenceslaikirche gebracht. Am 31. Juli 1919 wurden die Glocken aufgezogen und ließen ihren friedlichen Klang nach der Weihepredigt des Pfarrers erstmals über Wurzen erschallen. Als Stifter der drei Glocken gab sich Herr Kaniß, Unternehmer aus Wurzen, zu erkennen.
Die mittlere Glocke aus Bronze wurde aufbewahrt. Ihr Schicksal wurde dann im Zweiten Weltkrieg besiegelt. Sie musste ebenfalls abgegeben werden und wurde eingeschmolzen.
Das historisch und künstlerisch wertvolle Geläut von St. Wenceslai, war das Vermächtnis einer leidgeprüften Generation nach dem Dreißigjährigen Krieg. Es sollte den nachkommenden Generationen zu friedlichen Zwecken dienen. Im 20. Jahrhundert wurde das Metall der Glocken missbraucht, in dem Kriegsgerät hergestellt wurde, das Tod und Leid über die Menschen gebracht hat.
Nunmehr sind die drei gusseisernen Glocken und der Glockenstuhl wie oben bereits erwähnt, ausgeschlagen, defekt und müssen ersetzt werden.
Foto: C. Rößler
Das alte Geläut im stählernen Glockenstuhl, beides steht unter Denkmalschutz
Seit 2014 arbeitet die Kirchgemeinde an der Erneuerung der Glockenanlage im Kirchenturm. Nach umfangreichen Untersuchungen über das Schwingungsverhalten der Glockenanlage im Turm und die statische Berechnung des neuen Glockenstuhles aus Eiche wurde schließlich 2016 die Baugenehmigung erteilt. Im selben Jahr entwarf der
Das alte Geläut im stählernen Glockenstuhl, beides steht unter Denkmalschutz Metallgestalter Peter Luban aus dem Vogtland die äußere Gestaltung der Glocken. Diese Glockenzier trägt Symbole zur Geschichte der Kirche und der Stadt Wurzen, zu kirchlichen Festen wie Taufe, Hochzeit und Beerdigung sowie einen Bezug zur wohl drängendsten Aufgabe, die immer wieder vor uns steht, der Erhaltung des Friedens.
Das neue Geläut wurde am 26. April 2019 in der Glockengießerei Bachert in Neunkirchen/Odenwald gegossen.
Guß der neuen Glocken
Foto: C. Rößler
Ankunft der neuen Glocken in Wurzen
Foto: C. Rößler
Die feierliche Glockenweihe fand am 29. Juni nach einem Festgottesdienst im Dom auf dem Markt in Wurzen statt.
Foto: K. Just
Ankunft der neuen Glocken an der St. Wenceslaikirche
Foto: C. Rößler
Am 5.Juli wurden die neuen Glocken schließlich auf den Turm der Wenceslaikirche gehoben.
Foto: W. Gelinek
Foto: C. Rößler
Die Daten der neuen Glocken:
Die Glockenzier wurde von Peter Luban aus Rößnitz/Vogtland gestaltet.
Auf allen Glocken steht am Schlag: EV.-LUTH. KIRCHGEMEINDE WURZEN – AD 2019
Glocken (Bronze): unterer Durchmesser Gewicht Ton
Kleine Glocke (Taufglocke) 870 mm 418 kg h´
Mittlere Glocke (Gebetsglocke) 1065 mm 686 kg g´
Große Glocke (Gottesdienstglocke) 1282 mm 1218 kg e´
Die große Glocke trägt die Inschrift: AD SACRA – AD AUXILIA – AD IUBILA VOCO („Ich rufe zum Gottesdienst, zur Hilfe und zur Freude“)
Die Daten der alten Glocken
Auf allen drei Glocken steht: „Der Kirchgemeinde seiner Vaterstadt gab dieses Geläut in Zeiten schwerer Not Wilhelm Kanis Reform. Tag 1918“
Inschrift der großen Glocke: „Gott zur Ehre den Nachkommen zur Lehre“
Inschrift der mittleren Glocke: „Erz gab ich Eisen empfing ich“
Inschrift der kleinen Glocke: „Gott schütze und segne Deutschland“
Tagesglocke (7 /12 /17 Uhr) ist die mittlere Glocke.
Glocken (Stahl): unterer Durchmesser Gewicht Ton
Kleine Glocke 1240 mm 700 kg As
Mittlere Glocke 1480 mm 1250 kg F
Große Glocke 1900 mm 2700 kg Des
Die alten Glocken läuteten am 10. März 2019 zum letzten Mal.
Einzug der neuen Glocken an der Wenceslaikirche
Foto: K. Just
Zum 1. Mal läuteten sie am 1. September 2019, am Weltfriedenstag.
Foto: K. Just
Zur vollständigen Finanzierung der drei neuen Glocken und des Glockenstuhles fehlen trotz vieler, auch großzügiger Spenden, noch 3.000 €. Wir bitten deshalb alle, denen die Glocken in Wurzen am Herzen liegen um einen kleinen oder auch großen Beitrag zugunsten dieses für die Kirchgemeinde großen Vorhabens.
Bankverbindung des Fördervereins: Kassenverwaltung Grimma
IBAN: DE61 35060190 16704090 38,
BIC GENODED1DKD
bei der Bank für Kirche und Diakonie
Kennwort: RT 6003 FöV „St. Wenceslai-Glocken“